Initiatoren-Begleitung und Controlling: Unversicherte Steuer und Rechtsberatung ? Haftungsfalle im Vertriebsrecht

*von Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), MBA Financial Services (Univ.Wales), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann (https://www.fiala.de/>www.fiala.de)
Die Abgrenzung wirtschaftsberatender zu rechtsberatender Tätigkeit ist entscheidend, für die Frage, was ein Initiator, ein Vertrieb und ein Vermittler als ?Modell oder System? derzeit als eigene oder fremde gewerbliche Dienstleistungen anbieten darf. In der Praxis geht es für Anbieter und Vermittler nicht nur um denkbare Straf- und UWG-Verfahren (Abmahnung), sondern auch eine persönliche Haftung ohne VSH-Schutz. Daneben bietet die Entwicklung der Rechtsprechung zum Rechtsberatungsgesetz (RBerG) allerdings auch bemerkenswerte Chancen zur Entwicklung lukrativer Geschäftsfelder.
Wirtschaftsberatung oder Rechtsberatung? Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof (BGH) ist zur Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung auf den Kern und den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen. weil eine Besorgung wirtschaftlicher Belange vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Eine – erlaubnispflichtige – Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten i.S. des Art. I 5 1 I RBerG liegt vor, wenn eine geschäftsmäßige Tätigkeit darauf gerichtet und geeignet ist, konkrete fremde Rechtsangelegenheiten zu verwirklichen oder konkrete fremde Rechtsverhältnisse zu gestalten. Es ist daher zu fragen, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht. Entscheidend ist, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht. Was wird wohl im Vordergrund stehen, wenn es um die Befreiung von der Sozialversicherungspflicht bzw. die Statusprüfung geht?
Beispiel des Treuhänders: Durch seine Entscheidung vom 08.05.2006 hat der BGH (Az. II ZR 123/05. hier klicken) nochmals bestätigt, dass Rechtsberatung (und nicht wirtschaftliche Beratung) vorliegt, wenn der Auftrag dahin geht, konkrete Rechte zu verwirklichen und/oder Rechtsverhältnisse zu gestalten. Ist es Aufgabe des Treuhänders ? wie beispielsweise in Bauherren- und Schrottimmobilienfällen üblich gewesen ? für den Auftraggeber Verträge abzuschließen, aufzuheben, inhaltlich zu gestalten usw., so liegt eine Rechtsberatung vor. Dies gilt also immer dann, wenn der Treuhänder nicht nur die wirtschaftlichen Belange beispielsweise eines Anlegers wahrzunehmen hat, sondern dessen Rechte zu verwirklichen oder dessen Rechtsverhältnisse zu gestalten, insbesondere in dessen Namen die erforderlichen Verträge abzuschließen hat. Soll der Treuhänder dagegen für einen Anleger nur dessen KG-Anteile ?halten?, hat er lediglich die Aufgabe, im eigenen Namen jeweils einen in dem Treuhandvertrag festgelegten Kommanditanteil zu erwerben und zu halten, liegt keine Rechtsberatung vor. Verträge, durch welche der Anleger selbst verpflichtet wird, insbesondere Finanzierungsverträge, soll ein solcher Treuhänder nicht abschließen. Auch beim Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung haben die Anleger in der Ausübung den Vorrang eingeräumt. Dies sind deutliche Zeichen dafür, dass das Schwergewicht auf wirtschaftlichem Gebiet liegt, und damit erlaubnisfrei ist.
Risiko für den Initiator: Gelegentlich wird angeboten, dass eine StB-GmbH den Prospekt für eine geschlossene Beteiligung gestaltet ? solch ein Vertrag ist natürlich unwirksam, da Rechtsgestaltung. ähnlich liegt der Fall, wenn ein Wirtschaftsprüfer oder Steuerberater, sich dafür her gibt eine bestimmte (eigene?) U-Kasse zu bewerben: Damit macht er sich selbst zum Gewerbetreibenden und Initiator, was berufsrechtlich strikt untersagt ist ? und übrigens in keinem Falle versicherbar. Merke: Allein die Werbung für ein Modell genügt dafür voll und ganz. ähnlich liegt der Fall beim StB-Angebot einer ?bAVAuslagerung? in eine Pensionskasse. Wenn Sie lesen, dass ein Wirtschaftsprüfer ein Anlagemodell (Zeitwertkonto, Pensionskasse, etc.) als Treuhänder oder steuerlicher Berater bewirbt, dann unterliegt diese werbende akquisitorische Tätigkeit einer scharfen Missbilligung als berufswidrig und unversichert.
Dreiste Bauernfängerei? Ein Finanzplaner bewirbt unter seiner EDV-Firma gemeinsam mit einem Steuerberater (StB) den Vermögenstransfer ins Ausland über eine Familienstiftung. Der Serienbrief offenbart sowohl die gewerbliche Tätigkeit des StB (isolierte Finanzplanung) und/oder die Rechtsberatung (Familienstiftung). Als Kooperation wäre dies (fast) problemlos möglich gewesen, insbesondere mit einem Rechtsbeistand im Boot: Aber eben nicht als ?Lösung aus einer Hand? sondern als Teamplayer, jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten. Eine Versicherungsgesellschaft lässt einen Steuerberater einen Treuhandvertrag entwerfen; später führt sie dem Steuerberater die eigenen Versicherungsnehmer als Treuhandkunden zu. Bedauerlicherweise kommt der Steuerberater dadurch in eine Kollision: Das Modell ist nichtig ? wie gesagt: Im Zweifel ohne Versicherungsschutz für den Vermittler (als Anstifter oder wegen Beihilfe?) und den StB. Kompliziert wird es bei der Absicherung von Zeitwertkonto und bAV durch eine Doppeltreuhand (Treugeber sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer): Fällt der Arbeitgeber als Treugeber weg, weil er insolvent wird, wird die Treuhand ?geschäftsführend?. üblicherweise wird kein Versicherungsmakler dafür eine VSH-Deckung beibringen können. Nebenbei ist dem Treuhänder später ein Strafverfahren so gut wie sicher. Denn der Insolvenzverwalter wird sich fragen, wozu das Unternehmen den Treuhänder bezahlt hatte, wenn er im Insolvenzfall beispielsweise wegen Kollision, Untreue oder Insolvenzanfechtung gar nichts abwickeln kann. Der Vermittler trägt hierbei die größten Risiken, bekommt jedoch aus den Erträgen oft nur einen sehr kleinen Buchteil ab. Noch heftiger wird es, wenn massenweise bAV-Gutachten erstellt werden, ohne Auswertung der Bilanz unter dem Gesichtspunkt der überschuldung: Die Vermittlung wunderbar provisionierter Anlageverträge kann sich bei näherer Prüfung als Gläubigerbenachteiligung im Sinne von §§ 283 ff. StGB darstellen. Und wieder zahlt die VSH keinen Pfennig, auch wenn die Beratung ansonsten wirklich allerbestens war. Der Staatsanwalt wird dem bAVSeiteneinsteiger nicht glauben, dass er keine Ahnung über Bilanzen und Wertansätze hatte.
Risiko fehlerhafter Schulungen: Die Initiatoren von Zeitwertkonten oder des Vertriebs von bAV-Modellen bieten reihenweise auch die arbeitsrechtliche Prüfung, Beratung und Gestaltung an. Dabei wird immer wieder behauptet, dass sich dies ?im grünen Bereich? bewegt. Tut es aber leider oft nicht. Hier stehen dann die Initiatoren und Vertriebe, mit persönlicher Haftung der Geschäftsleitung, im Feuer. Der BGH hat bei Falschinformation der Vermittler wiederholt einer ?vorsätzliche sittenwidrige Schädigung? angenommen ? auch dafür zahlt keine VSH: Der Vermittler hat dann auch um seine Deckung zu kämpfen, denn er hätte ja mal die Plausibilität hinterfragen können. Bei vielen Angeboten erkennt der Fachmann nach kurzer Prüfung, dass die Inhalte teilweise, weder dem Berufsrecht noch den VSH-Bedingungen entsprechen.
Oft haarige Abgrenzungen: Der Vermittler darf Rechtsberatung als Hilfsgeschäft seiner Produktvermittlung betreiben. Auch steuerliche Beratung im Zusammenhang ist erlaubt ? beides in der VSH-Police ohne Versicherungsschutz. Dem Zulieferer des Vermittlers, der ?baVUnternehmensberatung? oder dem angeblich ?unabhängigen bAVInstitut? ist dies üblicherweise nicht gestattet, selbst wenn dort ein Berufsjurist, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer arbeitet. Noch ist das so, denn das Rechtsberatungsgesetz soll bald geändert werden. Doch heute führen Aufträge beispielsweise zur ?arbeitsrechtlichen Prüfung der Pensionszusage? in schöner Regelmäßigkeit zur Nichtigkeit solcher Aufträge: Fordern Sie Ihr Geld zurück !? Wenn ein Unternehmen ?Portabilität? als Inkassostelle anbietet, stimmt es bedenklich wenn die Firma dem BaFin bekannt ist, aber keine Erlaubnis für das Inkassogeschäft bekannt ist. ähnlich ist der Eindruck, wenn einige bAV-/Zeitwertkontenanbieter nicht nur ein Agio berechnen, sonderen zusätzliche erhebliche Kosten gleichsam hinter dem Rücken des Mitarbeiters für die Verwaltung aus dem verdienten Lohn abzweigen. Wenn eine Firma die Rückholung von Sozialversicherung ? zur späteren Kapitalanlage ? anbietet, dann kann es (noch?) ein zulässiges Hilfsgeschäft sein: Sofern jedoch der Sachverhalt durch Formblätter und über den Vermittler ?ermittelt? wird – und wenn dann auch keine Beratung durch den mitarbeitenden Juristen direkt und unmittelbar gegenüber dem Kunden stattfindet, ist die Abwicklung wiederum nicht mal (beim Juristen) versichert: Haben Sie schon mal erlebt, dass die Sekretärin statt des Anwalts die Mandanten berät? Neue Geschäftsmodelle durch das Verfassungericht (BVerfG): Bereits seit 2002, sind bis zu 50% Erfolgshonorar bisher von Landesgerichten bis hinauf zum BVerfG unbeanstandet geblieben. Natürlich bedarf dies der Gestaltung ? jedoch heissen diese Geschäftsmodelle dann ?Inkassounternehmen? (z.B. bezüglich falsch abgerechneter Lebensversicherungen) oder Prozessfinanzierer (was auch aussergerichtlich funktionieren mag). Dies kann so weit reichen, dass ein Inkassounternehmen den eigenen Kunden (z.B. bezüglich Forderungen gegen eine Bank) eine rechtliche Beratung geben darf. Die Krux ist gedanklich, dass es sich hier aus der Sicht des Kunden um die ?Einführung des erfolgsbezogenen Anwaltshonorars durch die Hintertür? handelt. Dabei dürften Juristen regelmäßig nicht ?ihre eigenen Anwaltsfälle? über ihr (auch) eigenes Prozessfinanzierungsunternehmen finanzieren, denn dies würde als Kollision wirtschaftlicher Interessen mit denen des Ehrenberuflers angesehen. In den Bereichen von Inkassounternehmen und Prozeßfinanzierung bestehen gute Chancen legale Rechtsberatung zu betreiben. Für Initiatoren und Vermittler liegt – gerade in Zeiten sinkender Margen und steigender Risiken – hier das Geld buchstäblich auf der Strasse.

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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