Rahmenverträge in der Berufshaftpflicht

Durch Gesetze und Berufsordnungen besteht für zahlreiche Berufe eine Verpflichtung zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Vermögenschäden, aber auch bisweilen für Personen- und Sachschäden. Inhalt und Umfang der Mindestversicherung ist je nach Beruf unterschiedlich geregelt.

Betreibt eine GmbH steuerliche Beratung müssen Vermögensschäden in Höhe von 250.000 € versichert sein, bei anwaltlicher Vertretung über eine GmbH hingegen 2,5 Mio. €. Architekten sind verpflichtet 1,5 Mio. für Personenschäden zu versichern.

Eine einheitliche Linie findet sich beim Vergleich der Pflichtversicherung von Patentanwälten, Wirtschaftsprüfern oder Ingenieuren ebenfalls nicht.  Seit 2008 regeln §§ 113, 114 VVG eine Mindestdeckung i.H.v. 250.000 €, welche jedoch durch verstreute Rechtsvorschriften modifiziert sind. Für den Laien ist es erstaunlich, dass es für den Arztberuf keine gesetzliche Versicherungspflicht gibt, sondern vielmehr eine Obliegenheit nach den Berufsordnungen.

 

Rahmenvertrag mit Versicherungsmakler oder Versicherungsgesellschaft

Die Versicherungsprämien schwanken zwischen rund 0,4 Promille und etwa 2,0 Promille je nach Beruf und Versicherer. Der Versicherungsmakler erhält von der Prämie eine Courtage im Umfang von 15% bis zu mehr als 26%. Insofern ist das Interesse groß, die Kunden gleich über Kammern, Vereine oder Verbände massenweise einzusammeln. Nicht selten werden die Entscheidungsträger zunächst einmal durch Einladungen zur Elch- oder Bärenjagd wohlgesonnen. Auch von sonstigen Zuwendungen, wie Tippgeberprovisionen für Organisationen oder Entscheidungsträger ist die Rede.

 

Fragebögen statt Beratung

Typischerweise ermitteln Versicherungsmakler bei der Berufshaftpflichtversicherung keine Versicherungswerte. Die Pflichten zur Risikountersuchung und Objektprüfung nach dem sogenannten Sachwalterurteil des Bundesgerichtshof werden ignoriert (BGH, Urteil vom 22.05.1985, Az. IVa ZR 190/83). Statt dessen wird der Versicherungsbedarf angeblich über Fragebögen ermittelt. Dies erinnert an einen Arzt, der per Ferndiagnose den Patienten fragt was ihm wohl fehlen würde, ganz ohne körperliche Untersuchungen, nach dem Motto „Welch´s Schweinderl hätten´s denn gern?“ – oder gleich durch Auspendeln, mit rein zufälligen Ergebnissen abhängig von der Phantasie des Befragten.

 

Gesetzliche Pflicht zur Dokumentation oft missachtet

Dass der Versicherungsvermittler bzw. Versicherungsmakler oft nicht pflichtgemäß arbeitet kann der Kunde zumeist daran erkennen, dass er keinerlei Dokumentation über die Beratung bei Abschluss oder Änderung seiner Pflichtversicherung ausgehändigt bekommt. Fehlt die Dokumentation des Versicherungsmaklers, wie gesetzlich seit 22.05.2007 gefordert, so führt dies bis zur Beweislastumkehr – behauptet dann der Kunde Falschberatung, muss der Makler beweisen, dass er ordnungsgemäß beraten hat (OLG Saarbrücken, Urteile vom 27.01.2010, Az. 5 U337/09 und vom 04.05.2011, Az.: 5 U 502/10). Genauso verhält es sich, wenn keine Protokollierung der Beratungsgespräche existiert (BGH, Urteil vom 04.06.1996, Az. IX ZR 246/95).

 

Kaum ausreichende Beratung

Auch bei beruflichen Pflichtversicherungen wird sich ein gewissenhafter Versicherungsvermittler die Frage stellen, mit welchen Verträgen und Geschäftsbedingungen der Kunde arbeitet. Die Inhalte können deckungsschädlich sein, etwa wenn bestimmte Zusagen oder Garantien gegeben werden.

Vergleicht man dann die personelle Ausstattung des Maklerbüros mit der Anzahl betreuter Kunden lässt sich unschwer erkennen, dass pro Versicherungskunde und –jahr vielleicht bis zu weit weniger als eine Stunde als Zeiteinsatz möglich ist – eine ausreichende Beratung und Risikountersuchung schlicht ein Ding der Unmöglichkeit ist. Dabei stehen einige Versicherungsmakler auf dem Standpunkt, dass es Sache des Kunden sei, den Makler über sein Risiko und dessen Veränderung zu informieren.

Dies wird dann vom Makler vertraglich gerne als Betreuung der Kunden formuliert – später lässt er sich vom Richter sagen, was seine Pflichten gewesen wären, und was ihn das jetzt kostet. Gerne wird das Gericht dann gescholten, weil es doch klar sei, dass er das, was er wörtlich schriftlich versprochen haben soll, niemals hätte leisten können, und deshalb auch gar nicht so gemeint haben könne.

 

Illegales Versprechen der Schadensregulierung

Nicht erst seit Anfang 2008 hat der Gesetzgeber die umfassende Regulierung streitiger Schadensfälle neben den Rechtsanwälten nur noch dem Versicherungsberater zugewiesen, § 59 VVG. Noch krasser, nämlich als verbotene Rechtsberatung, stellt sich die Situation dar wenn die Versicherungsgesellschaft die Regulierung von Schadensfällen durch Vollmacht auf den Versicherungsmakler auslagert, wenn dem nicht ein aufsichtsrechtlich genehmigter Funktionsausgliederungsvertrag zugrunde liegt – sozusagen als ausgelagerte Schadenregulierungsabteilung des Versicherers inklusive dessen aufsichtsrechtlich verlangten Weisungsrechts.
Der Versicherungsmakler wechselt damit die Seiten, denn zunächst einmal steht er als treuhänderischer Sachwalter im Lager des Versicherungsnehmers – bei Rechtsanwälten würde man hier von Parteiverrat sprechen mit der Folge des Entzugs der Zulassung.

 

Unwirksame Haftungsbeschränkung des Maklers im Rahmenvertrag

Üblicherweise sollten Versicherungsmakler auf dem Gebiet der Berufshaftpflicht ausgesprochene Experten für Haftungsrecht sein. Dass dies immer wieder nicht der Fall ist, erkennt man daran, wenn es etwa im Rahmenvertrag oder Maklervertrag heißt „die Haftung für Schadensersatzansprüche ist auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt – der Höhe nach etwa auf 10 Mio. €“. Derartige Klauseln sind dann allenfalls Ausdruck einer nicht ernsthaften Verantwortung für hunderte oder abertausende Mitglieder bei Kammern, Vereinen oder Verbänden.

 

Kostenlose Versicherungsbausteine als Haftungsfalle

Häufig enthalten Berufshaftpflichtversicherungen neben einer Deckung für Vermögenschäden zusätzlich eine angeblich kostenlose Betriebshaftpflicht. Es ist durchaus häufig zu beobachten, dass bei solchen Standarddeckungen das tatsächliche Risiko der Höhe nach als notwendiger Versicherungswert nicht ermittelt wird.

 

Eigenversicherung nicht immer verfügbar

Auftraggeber eines Architekten können das Risiko eines Fehlers auf eigene Rechnung und im eigenen Interesse durch Abschluss einer Versicherung absichern (Eigenversicherung). Bei zahlreichen anderen beruflichen Pflichtmitgliedern von Berufskammern gibt es im Inland derartige Versicherungsangebote nicht. Die Mindestpflichtversicherung enthält im Kleingedruckten vielfach erstaunliche Deckungslücken, welche der Gesetzgeber nur teilweise zugelassen hat. Nicht selten können über Angebote aus dem Ausland existentielle Risiken ergänzend und günstiger versichert werden.

 

Scheinsicherheit durch Veröffentlichung

Seriöse und geradlinige Funktionsträger bei Kammern, Vereinen oder Verbänden veröffentlichen die Rahmenverträge mit dem Makler über dessen Pflichten beispielsweise im Internet. Dies reicht jedoch selten aus, eine eigene Haftung zu vermeiden, wenn schlicht übersehen wird, die Vertragseinhaltung des Versicherungsmaklers durch Revisionen zu kontrollieren. Ein derartiges Organisationsverschulden sollte nicht erst dann entdeckt werden, wenn es bei einem Mitglied zu einem Schadensfall gekommen ist.

 

Konformitätsbestätigung und Korrespondenz

Versicherungsmakler sind im Sinne des Zivilrechts mit den Pflichten eines jeden Auftragnehmers belastet. Dazu gehört es, dem Kunden alle Abschriften zur Korrespondenz mit dem Versicherer umgehend heraus zu geben, vor allem bei Ausschreibungen – und natürlich auch alle Informationen über Gespräche und Verhandlungen mit Risikoträgern weiterzuleiten.

Wie sicher der Versicherungsmakler sich seiner Sache ist, lässt sich durch eine sogenannte Konformitätsbestätigung feststellen, in welcher der Makler bestätigt, dass die Gefahren und Risiken des Versicherungsnehmers konform abgedeckt sind. Hilfsweise müsste der Versicherungsnehmer beim Versicherungsvermittler um eine schriftliche Dokumentation bitten, welche Restrisiken der bestehende oder angedachte Versicherungsvertrag noch enthält, wie etwa Deckungsausschlüsse und nicht versicherte Bereiche.

 

Makler, Assekuradeur/Deckungskonzeptanbieter oder vorgegebener Gruppenvertrag?

Nicht selten werden Ausschreibungen für Maklerdienstleister auf der Basis vorgenommen, dass zunächst Angebote von Versicherungsbedingungen angefordert werden. Da der Makler ein hinreichend breites Angebot an Versicherern haben sollte, ist ein solches Unterfangen – ohne vorhergehende Risikoprüfung im Detail – allerdings höchst fragwürdig. Es besteht die große Gefahr, dass sich Anbieter sogenannter (standardisierter) Deckungskonzepte melden, auch Assekuradeure genannt, die eher wie Versicherer arbeiten, wenn sie auch eine Maklerzulassung haben.

Für das Deckungskonzept gibt es dann meist nur eine Zusammenarbeit mit einem einzigen Versicherer. Die Risiken werden dann in das vorgefertigte Deckungskonzept so gut wie möglich eingepasst – auch wenn eine Deckung bei einem anderen Versicherer oder auch im Ausland geeigneter gewesen wäre und damit typische Erwartungen an die Pflichten eines Maklers gar nicht erfüllt werden. Erkennbar wird dies z. B. daran, dass von dem Versicherer und speziell ausgehandelten Bedingungswerken gesprochen wird, und Schadenregulierungsvollmachten vorliegen.

Zugrunde liegen kann aber auch ein Rahmenvertrag/Gruppenvertrag einer Berufskammer mit einem Versicherer – auch unter Einbindung des „Maklers“ – der bei seiner Inanspruchnahme über den „Maklerdienstleister“ von vornherein individuelle Lösungen bei anderen Versicherern ausschließt.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl. Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

 

www.experten.de (veröffentlicht am 18.09.2017)

und im Experten Report, Ausgabe 5/2013, Seiten 66+67

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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