Versicherungsmakler: Brutalpädagogische Haftung?

Der Bundesgerichtshof hat der vermeintlich legalen Schadensregulierung durch Versicherungsmakler eine Absage erteilt. Der betroffene Versicherungsmakler schuldet nun Unterlassung und Schadensersatz. Was heißt das jetzt konkret?

 

Kein Makler darf für den Versicherer (VR) noch Schäden regulieren -mit oder ohne dafür übliche Zusatzvergütung. Der sogenannte technische Versicherungsmakler, als beauftragter Agent des VR zur Schadensabwehr gegen den VN und/oder zur Schadensregulierung gegenüber dem VN, wurde damit gleichsam auch wegen einer Kollisionslage des Maklers bestattet. Die Branche der durch VR laufend beauftragten externen Schadensregulierer ist ebenfalls betroffen; deren Geschäftsleitern droht zudem die persönliche Haftung wegen unerlaubter Handlung(en). Brisante Frage: Wann schlägt die Nichtigkeit des Regulierungsauftrages auf die Regulierung durch?

 

Aufspaltung der Assekuradeure als Lösungsansatz?

Damit dürfte auch mancher Assekuradeur nunmehr Geschichte sein: Dieser ist regelmäßig Mehrfachagent, der bei Auftritt gegenüber (End-)Kunden etwa im Internet, wie jeder Underwriter eine Zulassung benötigt, § 34d GewO. Eine Abspaltung der Schadensregulierung in ein eigenes gewerbliches Unternehmen kommt nicht in Frage, weil Versicherungsberater gesetzlich im Lager des Kunden stehen und eine alternative Zulassung zur Rechtsdienstleistung für VR nicht existiert. Ein vermutlich zunächst kostspieliger Lösungsansatz könnte die Sitzverlegung ins liberalere Ausland sein.

 

Brutalpädagogische Konsequenzen für Makler-Services nach der BGH-Rechtsprechung

Das Verbot der Schadensregulierung durch Versicherungsmakler im Auftrage des VR ist jedoch nur die Spitze des Eisbergs, wenn man die Haftungsgefahren durch verschiedene Service-Leistungen von Versicherungsmaklern – für eine oder beide Seiten des Versicherungsvertrags – näher untersucht:

Dem Versicherungsmakler drohen Haftung für Beratungsfehler ohne VSH-Deckung, sowie Verlust von Honoraren durch verbotene Tätigkeiten; durch nichtige Vollmachten die Eigenhaftung für Bezahlung von Versicherungsprämien – bis hin zum Vorwurf der Untreue; sowie Verwirkung der Courtage wegen Doppelmaklertätigkeiten und der Vorwurf einer Hinterziehung, etwa von Umsatzsteuer. Mancher Makler ließ sich bereits wegen verbotener (bAV-)Rechtsberatung zur Honorarrückzahlung verurteilen.

 

Wann verliert der Doppelmakler seine Courtage?

Doppelmakler ist jemand, der seine Loyalität zum Auftraggeber nicht durchhält. Entweder er ist (verborgen bzw. erst nachträglich erkennbar) auch für die Gegenseite tätig – oder er verletzt seine (insbesondere Sachwalter-) Maklerpflichten gegenüber dem Versicherungsnehmer (VN) gröblich: Bereits lediglich eine dieser beiden Alternativen führt zur Verwirkung der Courtage.

Typisches Indiz ist etwa, dass der Makler einen Schadensfall dem Versicherer für den VN meldet – es aber (strategisch im Interesse des VR) hinnimmt, dass etwa ein halbes Jahr rein gar nichts passiert. Damit macht sich der Makler zum faktischen Erfüllungsgehilfen des VR. Nicht nur Agenten sondern auch Makler trifft die sogenannte Nachfasspflicht, für seine gewissenhafte Berufsausübung.

 

Vermittlung, Inkasso, Betreuung, Vertragsverwaltung, Schadensregulierung – für wen?

§4 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verbietet es dem „loyalen treuhänderischen Sachwalter des VN“ sich irgendwie zwischen die Stühle zu setzen, also etwa (nur auch, nebenbei) die rechtlichen Interessen des VR zu vertreten (sogenannte Kollision).Dies darf er auch nicht indirekt, etwa indem er die Interessen der von ihm vertretenen VN gegeneinander abwägt, statt diejenigen jedes Einzelnen streng für sich zu sehen. Etwa indem er sie als Bestandskollektiv sieht, das durch eine zu hohe Schadenquote gefährdet sein könnte, weil der VR seine Verträge dann etwa insgesamt kündigen könnte. Denn damit macht er sich Interessen des VR zu Eigen.

Außerdem bedeutet die Beauftragung durch den VR (beispielsweise zur Schadensregulierung) einen Verstoß gegen § 5 RDG, denn es handelt sich dann (im Schadensfall) gerade nicht mehr um eine erlaubte „Nebenleistung“ – weil es dazu keine denkbare Hauptleistung mehr geben kann. Wenn die Schadensregulierung des Versicherungsmaklers jedoch kein Neben- oder Hilfsgeschäft zu einer steuerfreien Hauptleistung ist, ergibt sich daraus zwangslos eine Steuerpflicht nach dem UStG.

 

Durch Schadensregulierung zum Steuerhinterzieher?

Ein Gewerbemakler behauptet beispielsweise in seiner Werbung „Tritt der Ernstfall ein, stehen wir Ihnen während der gesamten Schadensabwicklung zur Seite – unkompliziert und schnell. Wir sorgen dafür, dass Fristen eingehalten, Gutachten koordiniert und regulierungspflichtige Schäden seitens der Versicherung rechtzeitig beglichen werden. Wir verhandeln mit Ihren Versicherern und stehen auch in strittigen Fällen hilfreich an Ihrer Seite.

Unser Ziel ist es, das für Sie beste Ergebnis zu erzielen und Sie so gut es geht von zeitraubenden Abwicklungs- und Verwaltungsarbeiten zu entlasten.“. In seiner Maklervollmacht lässt er sich noch umfassender bevollmächtigen, indem neben der Versicherungsvermittlung auch die Vertragsverwaltung (also eingeschlossen laufende Betreuung und Schadensregulierung) versprochen wird – mit Kündigungsfrist und Verlängerung von Jahr zu Jahr.

Dies bedeutet für den Makler ein Dauerschuldverhältnis mit ständigen Leistungspflichten, auch über die eigentliche Vermittlung sowie das eigene Berufsbild nach dem Handelsrecht hinaus. Zudem neigen Maklervertrag und Vollmacht damit zur Nichtigkeit – damit abgeschlossene Versicherungsverträge teilen dieses Schicksal – ein weiteres Mittel, etwa dem VN unliebsame Lebens- und andere Versicherungen rückabzuwickeln oder als VR die Leistung zu verweigern.

Für diese Rechtsdienstleistungen, auch soweit sie (nach RDG) illegal sind (z.B. Verhandlungen mit dem VR „in strittigen Fällen“) oder den VN darüber täuschen was der Makler erlaubterweise leisten darf, schuldet der Versicherungsmakler anteilig noch die Abführung von MwSt. Das Privileg der Steuerfreiheit nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG) ist eng auszulegen – die Schadensregulierung hat jedenfalls mit der Vermittlung (nicht nur nach dem RDG) kaum noch etwas zu tun, denn es handelt sich dann um einen neuen Leistungsfall (BFH, Beschluss vom 20.07.2012, Az. V B 82/11).

Inkasso-Makler, die Versicherungsprämien auf eigenem Briefpapier komplett nur mit Versicherungssteuer (VersSt) dem VN weiterberechnen, also die anteilige MwSt. schlicht unter den Tisch fallen lassen, setzen sich dem Verdacht einer USt-Hinterziehung aus. An dieser Stelle reagieren das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) und die Steuerfahndung (Steufa) humorlos.

 

Dies betrifft auch solche Schadensregulierungen für Unfallopfer – nicht nur durch Makler – bei denen zur Steuervermeidung ein unrealistisch hohes steuerfreies Schmerzensgeld – anstatt einer Kompensation von Erwerbsschaden plus Steuern vereinbart wird; vgl. §§ 40, 42, 370, 378 Abgabenordnung (AO).

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht am 16.02.2016)

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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