Betriebliche Altersvorsorge (bAV) und Zeitwertkonten-Modelle (ZWK) – Neues BGH-Urteil zur Rückabwicklung bei Kapitalanlage in geschlossenen Beteiligungen

*von Dr. Johannes Fiala, Rechtsanwalt (München), Mediator (Univ.), MBA Financial Services (Univ.Wales), MM (Univ.), geprüfter Finanz- und Anlageberater (A.F.A.), EG-Experte (C.I.F.E.), Lehrbeauftragter für Bürgerliches und Versersicherungsrecht (Univ. of Cooperative Education), Bankkaufmann (www.fiala.de)
Man kann ein Problem nicht mit der gleichen Denkweise lösen, mit der es erschaffen wurde. (Albert Einstein)
Auch renommierte Anbieter geschlossener Beteiligungen haben ihre Vertriebsmitarbeiter geschult, den Unternehmer anzustiften, sein Geld und das der Mitarbeiter, für private oder betriebliche Altersvorsorge sowie Zeitwertkonten in KG-Anteilen zu investieren. Die Beispiele reichen von Windkraftanlagen bis PrivateEquity, von Immobilien bis zu Schiffsbeteiligungen. Doch solche Beteiligungen sind gemäß jahrelangen Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte (OLG) nicht zur Altersvorsorge geeignet. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat dies nun in seiner aktuellen Entscheidung vom 18.01.2007 (Az. III ZR 44/06) bestätigt.
Beispiel Immobilien-KG-Fonds:
Benötigt der private Anleger sein Geld kurzfristig zurück, hat er wegen eines fehlenden Zweitmarktes kaum eine Chance sein eingesetztes Kapital annährend zurück zu erlangen. Liquidität brauchen Anleger dann beispielsweise wegen Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Krankheit, Erwerbsminderung – oder einer änderung der Anlageziele. Die betriebliche Altersvorsorge bzw. das Zeitwertkonto legt das Geld der Unternehmer für sich und seine Mitarbeiter an: In der Regel kann hier jederzeit ein „Versorgungsfall“ eintreten. Auch dann wird Liquidität benötigt. Tutor-Chef Pedersen, Ausbilder in Sachen bAV-Unternehmensberatung beschreibt die Situation scherzhaft mit den Worten „Der Unternehmer kann ja dann mit der Kettensäge ein Stück Wand aus der KG-Immobilie heraussägen, und versuchen es bei eBay als Stück der Berliner-Mauer zu versteigern“.
Maßstab bei den Beratungspflichten
Viele Vermittler haben die gute Absicht, pflichtgemäß den Kunden „rechtzeitig, richtig, sorgfältig, verständlich und vollständig“ zu beraten. Die Information über Eigenschaften von Anlageobjekten und Risiken ist dabei unverzichtbar. Das OLG Düsseldorf hatte durch sein Urteil vom 30.03.2006 (Az. I-6 U 84/05) entschieden, dass die geringe Möglichkeit einer Handelbarkeit für „gebrauchte KG-Anteile“ auf einem funktionierenden Markt (mangelnde Fungibilität genannt) ungefragt aufklärungspflichtig ist, wenn die Anlage zur Altersvorsorge dienen soll. Im Falle des BGH war ein Anlageberater verklagt worden: Ihm schreibt das Gericht ins Stammbuch, dass die Bedingungen, zu denen ein Anleger auf das langfristig investierte Geld zurückgreifen kann, typischerweise ein wesentliches Element für die Investitionsentscheidung sind. Daher besteht eine ungefragte Aufklärungspflicht, auch bei Kapitalanlagen, die zur Alterssicherung dienen sollen. Dabei ist es seit Jahren üblich und im Prospektprüfungs-Standard „S4“ vorgeschrieben, dass Prospekte in der Darstellung der Risiken solcher geschlossener Beteiligungen, gerade auch dieses Risiko aufzeigen müssen.
Kaum ein Ausweg aus der Beratungshaftung des Vermittlers
Die Belehrung durch den Berater kann entfallen, wenn „die Weiterveräußerung für den Anleger erkennbar ohne Belang ist“; mit anderen Worten: Der private Anleger muss rundum abgesichert sein, und „totsicher“ dieses Geld nachweislich nicht vorzeitig benötigen. Dies bedeutet praktisch eine Szenario-Technik mit komplexer Finanzplanung, eingeschlossen auch schicksalhafte Entwicklungen, wie verlorene Prozesse, Versicherungsfälle ohne Deckung, oder etwa Trennung bzw. Scheidung. Dies wird in der Praxis kaum ein Vermittler leisten, geschweige denn dokumentieren können. Ein weiterer Ausweg wäre, dass die Belehrung verständlich im Prospekt steht. Aber nur wenn der Kunde es gelesen und verstanden hat, schreibt der BGH fest. Und hier liegt das Einfallstor für leichte Rückabwicklung des Kunden – im Zweifel hat er später nichts verstanden bzw. der Nachweis dafür fehlt. Gerade dieser spätere Einwand ist für jeden Finanzdienstleister eine der größten Gefahren, vor allem wenn keine saubere Dokumentation vorhanden ist. Wenn der Kapitalanleger den Prospekt im ersten Termin mit dem Vermittler erhalten hat, und gleichzeitig den Zeichnungsschein unterschrieben hatte, bleibt dem Anleger keine Zeit die oft über 100 Seiten Prospekt zu lesen – auch damit ist dem Vermittler die Haftung so gut wie sicher. ähnlich liegt der Fall, dass der Kunde nur Werbeunterlagen bis zur Unterschrift zu sehen bekommt, der Prospekt jedoch erst später nachgereicht wird.
Regress des Vermittlers beim Initiator
Ein Alter des Investors von weniger als 40 Jahren spricht nicht dafür, dass eine langfristige Kapitalanlage geeignet ist; im Gegenteil: Im vorliegenden Fall war davon auszugehen dass die „berufliche und finanzielle Zukunft“ des Anlegers ungewiss war. Diese Klippe lässt sich nur schwer umschiffen – sie stellt höchste Anforderung an die Dokumentation und Beratung. Nachdem die Grundsätze für eine solide Beratung bei der KG-Anteils- Vermittlung seit Jahrzehnten bekannt sind, erweist sich manche Schulung aus rückblickender Sicht des verklagten Vermittlers als lückenhaft. Dies kann dann zum Vorwurf gegen Initiator und Schulungsleiter wegen „vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung“ führen – eingeschlossen deren persönliche Haftung. Allerdings hängen insoweit die Erfolgsaussichten gerade davon ab, ob der Vermittler über ausreichende Beweismittel, etwa Schulungsunterlagen und ein Fachpressearchiv, im Haftungsfall noch verfügt.
Unverzichtbar: Bonitätsprüfung
Sowohl aus der Sicht des Anlegers als auch eines Finanzdienstleisters ist die Frage der Bonität seiner Vertragspartner entscheidend. Schließlich gibt es ab 22.05.2007 nur für den Bereich der Versicherungsvermittlung eine gesetzliche Pflicht zur Haftpflichtversicherung für Vermögenschäden wegen einer fahrlässigen Falschberatung.
(experten.de am 07.03.2007)
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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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