Vandalismusrisiken: Keine Versicherungsdeckung bei Verweigerung der Schutzgeldzahlung

– Warum man ohne Schutzgeldzahlung den Versicherungsschutz verliert ? –

 

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom 16.06.2010, Az. IV ZR 229/09) entschied am Fallbeispiel eines Gastwirtes dem mit Beschädigung oder Zerstörung seines Lokals gedroht wurde, daß dem Versicherer Einbruchsdiebstahls- und/oder Vandalismusrisiken als objektive Gefahrenerhöhung durch Schutzgelderpressung anzuzeigen ist. Dies gilt spätestens wenn es zu einer ersten Schädigung gekommen ist, denn es gibt keinen Erfahrungssatz, dass Erpresser ihre Drohung wahr machen werden. Dabei soll der jährliche Schaden je nach Bundesland im bis zu mehr als zweistelligen Millionenbereich liegen.

 

Als Gastwirt könnte man dem Erpresser sagen, dass er niemals Geld bekommt, man sofort die Polizei verständigt und man jetzt unverzüglich die Sicherheitsmaßnahmen verschärfen wird, und ihn ohnehin für einen Angeber hält, der gar nichts machen wird, weil er dazu viel zu feige ist. Dann teilt man es dem VR mit, in der Hoffnung, dass der Schaden in wenigen Wochen noch vor Ablauf der Kündigungsfrist eintritt.

 

Terrorversicherung ist seit 9/11 nicht mehr kostenlos in der Gebäudeversicherung

Seit den Anschlägen vom 11.09.2001 muss der Hauseigentümer den Versicherungsschutz gegen Terror separat eindecken – und kann die Kosten, bei durch eine Lageanalyse belegter Gefahr, mit den Nebenkosten als Sachversicherungskosten umlegen (BGH, Urteil vom 13.10.2010, Az. XII ZR 129/09).

 

Terror nach § 1 Nr. 2 der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Terrorversicherungen

„Unter Terrorakten sind jegliche Handlungen von Personen oder Personengruppen zur Erreichung politischer, religiöser, ethnischer oder ideologischer Ziele zu verstehen, die geeignet sind, Angst oder Schrecken in der Bevölkerung oder Teilen der Bevölkerung zu verbreiten und dadurch auf eine Regierung oder staatliche Einrichtungen Einfluss zu nehmen.

Bestenfalls lässt der Täter ein Bekennerschreiben vor Ort, damit durch seine Motive der Schaden erkennbar versichert ist. Normale Schutzgelderpresser wollen nur Geld ohne andere Ambitionen, für was im Allgemeinen eher Verständnis aufgebracht wird.

Hingegen sind Kriegsereignisse nach der Kriegsklausel auch bei der Terrorversicherung nicht umfasst, sondern ausgeschlossen:

„Unter einem Kriegsereignis wird dabei jede mit Waffengewalt geführte Auseinandersetzung zwischen zwei oder mehreren Staaten verstanden, egal ob mit förmlicher Kriegserklärung oder ohne eine solche.“

 

Leistungsverweigerung, Prämienerhöhung oder außerordentliche Kündigung

Der Versicherer (VR) kann bei Nichtmeldung der Gefahrenerhöhung wegen Obliegenheitsverletzung im Schadensfall seine Leistung kürzen oder komplett verweigern. Wird er über die Gefahrenerhöhung unterrichtet, kann er die Prämie erhöhen oder mit Monatsfrist kündigen (§§ 23 (3), 24 (3), 25 (1), 26 (2) VVG).

Die Gefahrenerhöhung könnte je nach Versicherungsbedingungen bereits ein Schadensfall sein.
Eine typische Gefahrerhöhung ist, wenn das Haus wegen einer Baumaßnahme ein Gerüst erhält. Oder wenn es länger leer steht – was nicht immer eine Zweckentfremdung sein muss.

 

Gefahren für Versicherungsmakler?

Den Makler um Rat zu fragen ist eine gute Idee, um ihn später in Haftung zu nehmen?

Ein Versicherungsnehmer (VN) könnte sich fragen wie es steht, wenn z.B. die IT durch Hacker lahmgelegt wurde, die 100 TEUR wollen, wenn 10 Mio. EUR Betriebsausfallschaden versichert sind? Gibt es da eine Schadenminderungspflicht? Und werden die 100 TEUR erstattet? Der Versicherungsfall ist hier ja schon eingetreten, und es ist nur die Frage, wie teuer er wird, wenn die IT erst in einem Jahr wieder funktioniert.

Selbst ein zutreffender Rat des Maklers kann in einem solchen Fall zur Haftung führen, wenn schuldlos verbotene Rechtsberatung durch Regulierungsbegleitung auf schwierigem Gebiet erfolgte – und ein Gericht der Rechtsansicht des Maklers später nicht folgt, also etwa ein Fehlurteil vorliegt. Das Regressgericht müsste bestenfalls das Fehlurteil erkennen, und eine Maklerhaftung ablehnen.

 

Makleraufgaben der Meldung von Gefahren oder die Meldepflicht beim VR abzubedingen

Es ist leider oft völlig unklar, wann eine Gefährdungslage sich so verändert hat, dass sie gemeldet werden muss. Es muss ja eine Veränderung sein, seit Versicherungsbeginn: Also wenn lediglich durch astronomische Berechnungen erst jetzt erkannt wird, dass die seit Ewigkeiten feststehende Bahn eines Asteroiden mitten durch Köln führt und dort einen 30 km Krater hinterlassen wird, hat sich doch gar keine neue Gefahrenlage ergeben.

Oder die Bombe liegt schon seit 75 Jahren unter Ihrem Keller und wird erst jetzt entdeckt. Man könnte aber sagen: Hätte man sie nicht entdeckt, würde die nächsten 75 Jahre gar nichts passieren, wo man sie aber jetzt entschärfen will, wird sie vielleicht hochgehen.
Dann gibt es die Unerheblichkeit und wenn trotz Erheblichkeit anzunehmen ist, dass die Gefahr mitversichert sein soll, etwa wie die Entführung in einer Lösegeldversicherung, § 27 VVG, die erwarten lässt, dass alsbald eine Lösegeldforderung gestellt wird.

Vorsichtshalber sollte man wohl alles melden, und sich danach streiten. Der Makler muss wissen, dass es den § 32 VVG gibt, dieser besagt über „Abweichende Vereinbarungen“:
„Von den §§ 19 bis 28 Abs. 4 und § 31 Abs. 1 Satz 2 kann nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers abgewichen werden.“.

Also kann von diesen Regelungen zugunsten des VN abgewichen werden. Damit könnte der Makler dies nutzen, und die Schutzgelderpressung als Umstand vereinbaren, bei dem diese Regelungen zur Gefahrenerhöhung nicht angewendet werden.

Alternativ für Makler: er meidet entsprechende Stadtteile, und kündigt den Maklervertrag fristlos, sobald er von der Schutzgelderpressung erfährt. So wie mancher Arzt noch die Schwangerschaft feststellt, und die Patientin dann bittet, sich für alles Weitere einen anderen Arzt zu suchen.

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Schutzgeldzahlung als preiswertere Lösung für den Versicherungsnehmer?

Natürlich stellt sich dann die Frage, ob nicht die Zahlung von Schutzgeld die billigere Variante ist. Beziehungsweise die Aussicht, dass der VR kündigt oder die Prämie erhöht, bewirkt, dass man sich dann eine Zahlungsvariante aussuchen kann.

Dem VR könnte man die Erpressung offenbaren und ihm ankündigen, man werde zahlen, um das Risiko abzuwenden, bevor der VR kündige, denn damit ist die Gefahr nicht mehr erhöht.
Oder der VR wird gefragt, ob er damit einverstanden ist, dass der VN nicht zahlt, und die Versicherung unverändert bestehen bleibt. Also den Ball an den VR zurückgeben und um Weisung bitten. Man werde alles, was verlangt wird, tun, um die Gefahr abzuwenden.

Im Anschluss bittet man um die Einwilligung des VRs, die Zahlung an die kriminellen Schutzgelderpresser einstellen zu dürfen, was ja an sich eine von ihm vorgenommene Gefahrerhöhung wäre, § 23 (1) VVG.
Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.
Jetzt ist die Frage, wie der VR reagiert. Besteht er darauf, dass das Schutzgeld weiter gezahlt wird? Immerhin besteht die Chance, dass der VR der Einstellung solcher Zahlungen zustimmt.

 

Versicherungsdeckung ersetzt weder Eigenkapital noch Kriegskasse

Mancher Schadensfall zieht sich bei der Regulierung über Monate oder Jahre hin, beispielsweise weil der VN keine umgehende Beweissicherung bei Gericht beantragt. Dabei besteht für den VR die Hoffnung auf einen Insolvenzverwalter, mit dem man sich angenehmer vergleichen könnte. Der VR wird dem VN stets vorhalten, für fehlendes Eigenkapital und Überschuldung nach einem Schadensfall sei er nicht verantwortlich. Der kluge Agent oder Makler empfiehlt eine passende RSV-Deckung, verbunden mit dem Hinweis, dass dies eine eigene Kriegskasse nicht überflüssig macht, denn die RSV ist keine All-Risk-Deckung. Ob sie ohne Deckungsklage zahlt, ist noch unbekannt.

Entführungsversicherung deckt die Leistung an den Erpresser
Im Normalfall der Schutzgelderpressung, ist diese Geldzahlung nicht versichert – sondern Einbruchdiebstahl, Feuer, Vandalismus, Betriebsunterbrechung. Es gab aber den Fall jenes Drogeriemarktinhabers, der seine Kinder für 10 Mio. DM für den Fall der Entführung versicherte, und später justament genau dieser Betrag vom Entführer als Lösegeld verlangt wurde, § 27 VVG.

 

Kein steuerlicher Abzug als „außergewöhnliche Belastungen“ (AgB)

Bereits das Finanzgericht Düsseldorf (FG, Urteil vom 09.09.2008, Az. 3 K3072/06) entschied, dass AgB bereits dann nicht vorliegen, wenn der Schaden nicht zwangsläufig ist – man könne sich ja dagegen versichern. Eine spätere Klage gegen den eigenen VR ist stets zumutbar, einschließlich das damit verbundene Kostenrisiko, und somit der Schaden für Absetzung als AgB „nicht zwangsläufig“.

Das gleiche Ergebnis folgt daraus, wenn die Versicherungssumme nicht ausreichend und nicht sorgfältig zeitnah angepasst worden war. Ein Makler würde für den Steuerschaden haften. Aber: Makler sollen (OLG Frankfurt/Main, Urteil vom 08.06.2016, Az. 4 U 223/15) dann nicht haften, wenn sie nicht vom Kunden angesprochen oder über Risikoänderungen informiert wurden – eine Verpflichtung zum „Jahresgespräch“ gäbe es nicht: Was ist dann wohl versprochene „Betreuung“?

Der Bundesfinanzhof (BFH, Urteil vom 18.03.2004, Az. III R 31/02) versagte dem erpressten Ehemann – nach dessen Fremdgehen – den Ansatz als AgB ebenfalls. Fremdgehen sei freiwillig und nicht zwangsläufig. Alternativ hätte er es seiner Ehefrau gestehen können oder den Erpresser anzeigen. Bei einer herzkranken Ehefrau könne ärztlicher Beistand zugezogen werden.

Auch wer wegen einer PKV-Beitragserstattung seine Krankheitskosten selbst bezahlt, kann sie steuerlich nicht absetzen (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.04.2017, Az. 11 K 11327/16).

Anders bei Zahlung einer Wiedergutmachung, auferlegt durchs Strafgericht (BFH, VI R 37/06).
Ebenso kann (Mutter-)Schutzgeld für Empfänger steuerfrei sein (§ 3 Nr.1d EStG), hingegen bei Arbeitgebern absetzbar – ein echtes Steuersparmodell.

 

Exklusiv-Angebot: Die Schutzgeld-Police aus Palermo

Jüngst war hier ein Angebot über für eine Versicherung gegen Schutzgelderpressung bei einem italienischstämmigen Makler zu sehen, der dies bei einer Versicherung in Palermo eindeckt. Die Prämie ist etwas teuer, nämlich 7 % des Umsatzes zzgl. VSt., aber als Betriebsausgabe abzugsfähig. Wer versichert ist, muss eine Plakette mit einem Koi-Karpfen mit einer roten Rose im Maul ins Schaufenster hängen: Der Koikarpfen symbolisiert Glück, die rote Rose bedeutet auch irgendetwas.

Die Kunden sind sehr treu. Der Makler weist darauf hin, dass sehr oft genau dann etwas passiert, wenn man meint, dass man die Versicherung nicht (mehr) braucht.

 

Schutzgeld statt Versicherungsdeckung?

Das Aquarium in China-Restaurant soll konkurrierenden Schutzgelderpressern signalisieren, dass hier nichts mehr zu holen sei. Nicht immer wenn erst das Fischbassin und dann ein Mitarbeiter aus einem Restaurant verschwindet, wird es ein Fall für die „Sonderkommission Schlitzauge“.

Man kann aber auch Computer hacken und Viren verbreiten und dazu eine Antiviren Software verkaufen, die immer auf dem neuesten Stand ist.

Kürzlich entging ein aufdringlicher Versicherungsvertreter der Haftung für Falschberatung. Die Beweisaufnahme ergab nämlich, dass der Kunde nicht wegen der erzielten Versicherungsdeckung unterschrieben hatte, sondern nur, um den Vertreter los zu werden. So bietet die Zahlung der Police Schutz vor aufdringlichen Vertreterbesuchen. Ähnliches verspricht auch mancher Insurtech-Makler.

Ein deutscher Betreiber einer Wechselstube besuchte den Gardasee – und parkte mit offenem Dach, woraufhin ein Fotoapparat fehlte. Es folgte der Besuch bei einem Padrone – der erst mal einen Drink ausgab. Nach einer halben Stunde fand sich der Dieb ein, und gab zurück, was er entwendet hatte – mit gebührlicher Entschuldigung; denn der Besucher war halt Freund der großen Familie gewesen. Schutz gibt es bisweilen auch ganz ohne Schutzgeldzahlungen.

 

von Dr. Johannes Fiala und Dipl.-Math. Peter A. Schramm

 

mit freundlicher Genehmigung von

www.experten.de (veröffentlicht im ExpertenReport 11/2018, Seiten 53-56)

 

Link: https://kiosk.experten.de/de/profiles/e3596a099c43/editions/15267b054de04e83ec32/pages/page/28

 

www.experten.de (veröffentlicht am 28.11.2018)

Link: https://www.experten.de/2018/11/28/keine-versicherungsdeckung-bei-verweigerung-der-schutzgeldzahlung/

 

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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