Was sind Abschlussvermittlung, Anlageberatung, Finanzportfoliverwaltung, Finanzplanung, Anlagevermittlung und Prospekthaftung?

Anlagevermittlung:
Anlagevermittlung (auch Abschlussvermittlung, v.a. im Versicherungsbereich genannt) ist das reine Vermitteln der Anlage eines Dritten (keine selbst erstellten Produkte). Geschuldet wird die Erteilung von Auskünften und die Durchführung der Vermittlung, aber keine Beratung. Der Anleger hat hier eine eingeschränkte Erwartung, denn er bekommt nur objektive Informationen und keine persönliche subjektive Bewertung des Produkts.

Aber:
Diese Form (vgl. § 1 Ia 2 Nr.1 KWG, § 2 III Nr.4 WpHG) ist im Aussterben begriffen, denn sobald der Anschein einer Beratung (z.B. durch den Firmenzusatz ?Wirtschaftsberatung?, ?Consulting?) gesetzt wird, darf eine Beratung erwartet werden.

Anlageberatung:
Der Anlageberater schuldet nicht nur Auskunft (wie beim Vermittler, also die Information über Tatsachen), sondern auch die fachkundige Bewertung und Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse des Kunden.
Nach der Anlageentscheidung des Kunden endet normalerweise die Beratungspflicht: In Schadensfällen kann sich das ändern. Der Anlageberater verwaltet auch nicht das Vermögen seines Kunden, er hat also keine Befugnis zu Dispositionen. Leitlinie der Pflichten ist das “BOND-Urteil” des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 06.07.1993 (Az. XI ZR 12/93).

Aber:
Diese Form (vgl. § 1 III 1 Nr.6 KWG, § 2 III a Nr.3 WpHG) ist besonders haftungsträchtig, denn ohne Dokumentation lässt sich nur schwer eine ordnungsgemäße Beratung beweisen. Allerdings hat der BGH festgestellt, dass es keine Pflicht zu schriftlicher Dokumentation gibt. Ausgenommen ist der Wertpapierbereich – dort bestehen gesetzliche Aufzeichnungspflichten nach § 34 WpHG.
Vermögensverwaltung: Die Vermögensverwaltung, bei Wertpapieren auch als Finanzportfolioverwaltung bezeichnet, bedeutet die dauerhafte eigenverantwortliche Verwaltung des Anlegervermögens – zumeist nach vorher vereinbarten Anlegerrichtlinien. Im Sektor bankmäßiger Testamentsvollstreckung bzw. bei Stiftungsgeschäften werden die Anlagerichtlinien von manchem Berater allzu leicht vergessen. Der Vermögensverwalter hat also eine Dispositionsbefugnis, daneben Aufklärungs- und Beratungspflichten, und die Pflicht zur Interessenwahrung für seinen Kunden.

Aber:
Diese Form (vgl. § 1 I a 2 Nr.3 KWG, § 2 III Nr.6 WpHG) bedarf einer besonderen Zulassung durch das BaFin. Eine Gewerbeerlaubnis reicht also nicht aus. Die laufenden Kosten notwendiger Einschaltung eines Wirtschaftsprüfers liegen im fünfstelligen Bereich p.a., vgl §§ 32 f. KWG. Im deutschsprachigen Ausland ist dies wesentlich preiswerter.

Financial Planning:
Die Finanzplanung beinhaltet die fachkundige Erarbeitung einer (Um-)- Gestaltung der Vermögensstruktur, gleichsam eine Vorstufe der Vermögensverwaltung. In der Regel soll sie eine Honorarberatung sein. In diesem Bereich haften die Finanzplaner wie Sachverständige. Besonders gefährlich ist die Finanzplanung deshalb, weil die Ausbildung teilweise grob lückenhaft erscheint (z.B. viele Bankprodukte, kaum Versicherungsfragen), manche Software falsch gerechnet hat und die Szenariotechnik bei der Planung fehlte ? einschließlich eines Controlling mit Benchmarks für einen Exit aus bestimmten Investments. Manche Großbank wurde verklagt und verlor gute Private-Banking-Kunden: Eine Software zur Risikominimierung und Ertragsoptimierung, z.B. im Wertpapierbereich, fehlt bis heute manchem Private-Banking-Berater.

Aber:
Diese Form der Betätigung überschreitet leicht die Grenze zur unerlaubten Rechts- oder Steuerberatung. So können Kunden das Honorar von der Bank oder vom Finanzplaner zurückfordern. Eine Steuerberaterkammer hat bei einer Großbank eine Unterlassungserklärung durchgesetzt, nachdem der Finanzplan grobe Mängel des Steuerberaters eines Kunden aufdeckte. Hier gilt: Eine Kooperation mit einem Steuerberater oder Rechtsbeistand löst das Problem in der Praxis. ähnlich sieht es beim “Estate-Planning”, also der Erb- und Nachfolgeplanung aus.
Haftungsfreie Tätigkeit durch Vertragsgestaltung? Immer wieder versuchen selbst renommierte Marktteilnehmer die Haftung für ihre Tätigkeiten unzulässig einzuschränken: Selbst die Haftung für lediglich “einfache Fahrlässigkeit” (und erst recht nicht für grobe Sorgfaltsfehler) lässt sich dann nicht wirksam ausschließen, wenn es um wesentliche Vertragspflichten handelt. An dieser Stelle fallen manche Anbieter von Anfang an als unprofessionell oder unseriös auf. Seriös ist es, die Restrisiken ausreichend zu versichern – nach einer Beratung darüber.
Haftungsfreie Tätigkeit ohne Vertrag? Keinen (schriftlichen) Vertrag mit dem Kunden zu schließen ist mindestens so fahrlässig, wie keine Dokumentation zu erstellen. Auch ohne Vertrag kommt in der Regel ein Vertrag zustande; und auch dann wird leider im Zweifel für alles und jedes gehaftet. Eine weitere Falle kann sich aus einer fehlenden Widerrufsbelehrung beim Haustürgeschäft ergeben.

Haftungsminderung durch Vertragsinhalt: Gerade durch schriftliche Verträge lässt sich die Verantwortung der Tätigkeit beschränken. Dies fängt dabei an, die eigenen Leistungen zu beschreiben ? und darauf hinzuweisen, was nicht geleistet werden soll. Soweit keine Leistung und Verantwortung gewünscht ist, kann eine Delegation weiterhelfen oder eine echte Kooperation. Je genauer dies rechtlich verfasst ist, umso wirksamer kann eine solche Risikovermeidungsstrategie durchgreifen.

Prospekthaftung im engen Sinne: Es haften ? auch ohne Vertragsbeziehung ? die Initiatoren, Produktgeber, Gründer, Manager, Gestalter von Anlage- und Publikumsgesellschaften. Hierunter können auch Hintermänner und Garanten (StB, RA WP) unter besonderen Umständen fallen (dazu mehr weiter unten). Wenig bekannt ist, dass ?Prospekt? alle schriftlichen Unterlagen sind, auch Internetseiten und ?Musterberechnungen? (z.B. “falsche IRRRenditevorschau” oder “beschönigte Hebelrenditen”, erstellt mit der Vertriebssoftware des Initiators). Der Initiator haftet regelmäßig nur 3 Jahre (Verjährung), hingegen der Vermittler bzw. Berater 10 Jahre (gesetzliches “Bauern-Opfer-Risiko”). Gestaltet der Vermittler durch Kombination einer LV mit einem Auslandskredit sein “eigenes” Hebelmodell, so wird er gleichfalls zum Initiator.

Prospekthaftung im weiten Sinne:
Hier haften in der Regel Banken, Anlageberater, Anlagevermittler ? wenn ein konkretes Vertrags- oder Vertrauensverhältnis besteht. Dieses kann auch stillschweigend zustande kommen.
Die Verjährungsfrist beträgt 10 Jahre – im Bereich von Wertpapieren jedoch nur drei Jahre (§ 37 a WpHG). Hier her gehört die “anlegergerechte” (kann sich der Kunde das leisten?) und -objektgerechte? (sind die Angaben rechtlich, steuerlich, wirtschaftlich plausibel?) Beratung, wie sie im BOND-Urteil und in § 31 WpHG zu finden sind.
Haftungsfreie Tätigkeit als “Mitarbeiter”? Im Grundsatz kann ein Mitarbeiter bzw. Agent unter dem Namen eines Produktgebers (z.B. Versicherung, Bank, Initiator) oder einer (Strukki-?-)- Vertriebsorganisation auftreten. Dann wird regelmäßig eine Klage gegen den Mitarbeiter abgewiesen, wenn der Anleger nichts zur persönlichen Haftung des Mitarbeiters bei Gericht vorträgt. Anknüpfungspunkte sind “persönliches Vertrauen” (der Vermittler hat sich als Experte, Spezialist usw. präsentiert) und “wirtschaftliches Interesse”, nicht jedoch reines Provisionsinteresse. Wirtschaftliches Interesse kann etwa vorliegen, wenn dem Kunden zusätzlich zur “üblichen” Provision noch ein Sonderhonorar berechnet wird. Ob der vielleicht (nach außen) allein haftende Produktgeber oder Vertrieb dann dennoch einen Regress beim Mitarbeiter durchsetzen kann, steht auf einem anderen Blatt.

Eines steht jedoch fest: Der BGH beurteilt es neuerdings als ?vorsätzliche sittenwidrige Schädigung? nach § 826 BGB, wenn Mitarbeiter ?falsch? geschult werden. Auch Lücken können zur ?falschen? Schulung führen. Umso wichtiger ist es für den Mitarbeiter zur eigenen Entlastung alle Vertriebs- und Schulungsunterlagen zu archivieren; am besten an zwei Orten als Sicherungskopie zu hinterlegen.
Wie wichtig das ist zeigt folgendes Beispiel:
Im Musterländle legt ein Arzt 2 Mio. DM in einer LV an; Eigenkapital 150 TDM – den Rest leiht dem Anleger eine Bank. Im Schadensfall wird der Vermittler von seinem Produktgeber als “Betrüger” hingestellt, Bank und Anleger zur Anzeige geraten: Dies geht nur so lange gut, bis der Vermittler eine Hebelgeschäfts-Schulungsunterlage aus seinem Archiv herauszieht: Referent war v.a. auch der Vertriebsvorstand des Produktgebers -;).

Experten-Archiv:
Die alten Hasen unter den Finanzdienstleistern haben in Ihrer Garage, auf dem Dachboden oder im Keller kistenweise alte Vertriebs- und Schulungsunterlagen. Eine platzsparende Alternative ist das Experten- Archiv (zum Archiv: hier klicken). Beispiele teilweise älterer Haftungsfälle liegen in der betrieblichen Altersvorsorge (Haftung für Zillmerung oder fehlende Wertgleichheit) oder lassen sich bei manchen Zeitwertkonto- Konzepten noch heute ausmachen. Zu den Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Rechtsbeistand, aber bloß nicht den Vertriebsleiter Ihres Produktgebers?

Keine Konkurrenz durch Ehrenberufler:
Für den StB, WP, RA gilt, dass diese ihren Beruf ?unabhängig und eigenverantwortlich? (auch in der Haftung) ausüben müssen. Mit diesen Berufen sind Tätigkeiten als Immobilien- oder Versicherungsmakler, Finanzmakler, Vermittler von Finanzdienstleistungen nicht vereinbar: Dies führt zum Entzug der Zulassung. Provisionen anzunehmen ist ebenso schädlich, denn dem StB/WP ist gewerbliche Tätigkeit untersagt. Erstellt der StB/WP eine isolierte Finanzplanung ohne sich im Kern um die steuerlichen Aspekte zu bemühen, kann ebenfalls eine (verbotene) gewerbliche Betätigung vermutet werden. Eine Kooperation bietet sich hierbei an, denn gerade für Rechts- und Steuerberatung ist der Finanzdienstleister über seine VSH-Police niemals versichert: Hier kann die Einbindung eines Ehrenberuflers den Finanzdienstleister entlasten und enthaften. Dem Ehrenberufler fehlen außerdem fast immer die Produktkenntnisse, so dass hier gleichsam eine Ergänzungspartnerschaft möglich ist. Wenn die Ehefrau des Ehrenberuflers nicht vorgeschickt wird, beide Hände auf zu halten, kann man Fairness vermuten.

 

von Dr. Johannes Fiala

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Über den Autor

Dr. Johannes Fiala Dr. Johannes Fiala
PhD, MBA, MM

Dr. Johannes Fiala ist seit mehr als 25 Jahren als Jurist und Rechts­anwalt mit eigener Kanzlei in München tätig. Er beschäftigt sich unter anderem intensiv mit den Themen Immobilien­wirtschaft, Finanz­recht sowie Steuer- und Versicherungs­recht. Die zahl­reichen Stationen seines beruf­lichen Werde­gangs ermöglichen es ihm, für seine Mandanten ganz­heitlich beratend und im Streit­fall juristisch tätig zu werden.
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